1-entwurf-mittelstrasse-9

Fit für die Zukunft

Moderne Büros im historischem Ensemble

Die Mittelstraße 9 wurde zuletzt für Wohnen und Gewerbe genutzt. Seit 2012 stehen die Räume leer. Nach einer umfangreichen Bestandsanalyse sieht das Konzept eine Nutzung mit Büroeinheiten vor. Um den Erhalt des Denkmals auch zukünftig zu gewährleisten, werden die Gebäude den heutigen Anforderungen an Wärme-, Schall- und Brandschutz angepasst. Die Planerinnen und Planer wollen vorhandene Fachwerkstrukturen und Bauteile dabei so weit wie möglich erhalten. Elemente, die nicht saniert werden können, werden in einer zeitgemäßen und zurückhaltenden Weise ersetzt. Größte Eingriffe sind im Hinterhaus notwendig. Das Gebäude kann in der bisherigen Form nicht erhalten werden und wird neu errichtet.

 

Der Kontrast aus Alt und Neu schafft eine attraktive und inspirierende Arbeitsumgebung – mit einem spektakulären Blick über die Dächer der Calenberger Neustadt bis zum Turm der Marktkirche. 

 

Energieeffiziente Sanierung

Mit dem Abbruch des Hinterhauses wird ab Februar 2021 die Option auf eine Geothermie-Nutzung untersucht. Der Raumwärmebedarf des Gebäudes ist aufgrund der Effizienzmaßnahmen an der Gebäudehülle niedrig. Warmwasser wird bei der Nutzung als Büro nicht benötigt. Daher sind drei Geothermie-Bohrungen von je 135 m ausreichend, um den Raumwärmebedarf zu decken. Zusätzlich wird der Einsatz von Photovoltaisch-thermischen (PVT) Kollektoren untersucht. Diese kommen auf der Südseite des Satteldachs des Hinterhauses zum Einsatz, für das eine Zink-Eindeckung geplant ist. Die PVT-Kollektoren liefern regenerativ erzeugten Strom zum Betrieb der Wärmepumpe und Warmwasser für die Wärmeversorgung. Durch die Bohrtiefe für die Geothermie ist eine wasserrechtliche Genehmigung erforderlich, die im August 2022 erteilt wurde. 

 

Die Büroflächen im Projekt werden aufgrund des hohen Energieeffizienz-Standards inklusive Raumwärme vermietet. Dieses Konzept der Warmmiete unterscheidet zwischen der Kaltmiete für den Gebäudestandard und der Lieferung von sogenannter Passivenergie, also den eingesparten Heizkosten durch die höherwertige energieeffiziente Bauweise. Die Warmmiete organisiert die passivhausbedingten Investitionen – zum Beispiel Fenster, Dämmung, Lüftungstechnik, Wärmepumpe und Qualitätssicherung – außerhalb der Gebäudefinanzierung. Die kapitalisierten Erträge für diese sogenannte Passivenergie sichern die Refinanzierung der Investitionen.

grafik-energiekosten-passivhaus

Vorderhaus
Verformungen und Undichtigkeiten haben zu Fäulnis der unteren hofseitigen Sparren geführt. Diese werden ausgetauscht und gesichert. Die hofseitige Gaube muss zu diesem Zweck zurückgebaut werden. Die zerstörten Deckenkonstruktionen der Verbindungsbereiche zu den Mittelhäusern erhalten zur Vereinfachung der Gebäudeanschlüsse ein durchgehendes Flachdach über die gesamte Gebäudebreite des Vorderhau­ses, das im hofseitigen Dachbereich als neue Gaube ausgeführt wird. An der Fassade zur Mittelstraße wird das Fachwerk wieder auifgearbeitet.

 

Mittelhäuser
Die Wände der Mittelhäuser zum Innenhof sind stark durch Fäulnis und Hausschwamm zerstört. Die Gefache lösen sich aus dem Holztragwerk. Die betroffenen Holzkonstruktionen werden ersetzt und ein neuer Sockelbereich wird ausgebildet. Die zerstörte schräge Wand im Innenhof wird begradigt, um einen günstigeren Gebäudeanschluss zu er­möglichen. 

 

Hinterhaus
Größter Eingriff ist der Rückbau des weitestgehend zerstörten Hinterhauses. Durch unzureichende Tragfähigkeit des Baugrunds und falsche Gründung haben sich Giebel, Decken und Innenwand gesetzt und stark in Richtung Nachbarbebauung geneigt. Die Fenster des Giebels und die außenliegende Fluchtleiter sind nach heuti­gen Anforderungen nicht zulässig. Große Teile der Decken und Wände sind durch Brand, Fäulnis oder Hausschwamm stark zerstört. Auch die Schwellen und tragenden Hölzer im Kellergeschoss sind nicht ausreichend tragfähig. Zudem haben das Kellergeschoss und das Erdgeschoss keine nutzbaren Raumhöhen.
Der gesamte Bereich kann in seiner jetzi­gen Form nicht erhalten bleiben und wird durch einen neuen und massiven Anbau gleicher Größe und Kuba­tur wieder hergestellt. Über eine außenliegende Fluchttreppe wird der Rettungsweg im Anbau sichergestellt. Die zurückgesetzte Glasfassade verbessert die Belichtung des Hinterhauses. 

Die Sanierung erfordert individuelle und im Laufe der Bauarbeiten anzupassende Lösungen. Da ein Zugang über die Brandstraße nicht möglich ist, müssen Baumaterialien zum großen Teil durch das Vorderhaus transportiert werden – beim Rückbau und beim Neubau. 

 

Gründung
Die Fundamente aus Sandstein und/oder Bruchsteinen bleiben erhalten und werden ggf. repa­riert und ergänzt. Im Bereich des Hinterhauses ist eine Stahlbeton-Bodenplatte vorgesehen. Aufgrund der schwierigen Tragfähig­keit des Baugrunds können im gesamten Gebäudebestand nur leichte Baustoffe und geringe zusätzliche Las­ten eingebracht werden, da wegen der beengten Bausituation im Gebäude und im Innenhof eine Verstär­kung der vorhandenen Fundamente nicht möglich ist. 

 

Außenwände
Die Fachwerkstruktur aus Eichen- und Nadelholz wird repariert, zerstörte Hölzer werden ersetzt. Soweit möglich werden die bestehenden Ausfachungen aus Ziegel, Lehmstaken und Bruch­steinen erhalten. Fehlende und schadhafte Gefache werden ersetzt. Alle Außenwände wer­den innenseitig vollflächig verputzt und mit einer Innendämmung versehen. An den außen zugänglichen Be­reichen der Gebäudetrennwände wird auf den Nachbargrundstücken zusätzlich eine Außenwandbekleidung bzw. ein Außenputz aus nicht brennbaren Materialien vorgesehen. Die Wände des neu erstellten Anbaus sind aus massiven Baustoffen geplant. 

 

Decken
Die Bestandsdecken im Vorderhaus und den Mittelhäusern sollen weitest­gehend erhalten bleiben. Zum Ausgleich der Niveauunterschiede zwischen Vorder- und Mittelhaus sowie innerhalb der unterschiedlichen Räume ist eine Ausgleichsschüttung mit Trockenestrich vorgesehen. Fehlende unterseitige Putze der Balken werden ergänzt oder durch abgehängte Plattenmate­rialien ersetzt.
Die Decken des Hinterhauses werden mit Ziegel-Einhangdecken neu erstellt sowie mit einer Trittschalldäm­mung und Zementestrich versehen.Der außenliegende Bereich wird mit aufgeständerten mineralischen Plat­ten und entlang des Giebels mit verzinkten Gitterosten hergestellt. 

 

Fenster und Türen
Die Größe und Lage der bestehenden Fensteröffnungen soll beibehalten, die alten Fensterrahmen der Straßenseite möglichst wiederverwendet werden. Zur Wiederherstellung des einheitlichen Fassadenbildes mit den angrenzenden denkmalgeschützten Fachwerkgebäuden werden die Holzflügel einfach verglast, in den Obergeschossen werden Kasten­fenster ausgeführt.
Das Eingangstor wird überarbeitet, die Ladentür nach historischem Vorbild – jedoch entsprechend heutigen Anforderungen – ersetzt. Die beiden Schaufenster erhalten Dreifach-Festverglasung.
Die Fenster im Innenhof sollen an die ursprünglichen Fenster erin­nern, werden jedoch über die Dreifach-Verglasung und das Rahmenmaterial als neue Elemente erkennbar sein. Die jetzigen ebenerdigen Türen im Innenhof des Hinterhauses erhalten zusätzlich hölzerne Elemente, die den ursprünglichen Charakter des Gebäudes und des Innenhofes widerspiegeln sollen.
Die Holzfenster in den Gebäudetrennwänden zur Mittelstraße 8 und 10 werden gegen feststehende Elemente mit Brandschutzverglasung ausgetauscht.
Die neue Fassade im Anbau des Hinterhauses wird weitestgehend mit großzügigen Fenster- oder Glasfassa­denelementen in Dreifach-Verglasung hergestellt.

 

Dächer/Regenentwässerung
Das Dach des Hinterhauses wird im Zuge der Sanierung als Sparrendach neu erstellt und mit Zwischenspar­rendämmung und Hohlpfannendeckung ausgeführt. Das Dach des neuen Rettungsweges wird als Kontrast mit einer Zinkdeckung ausgeführt.
Die Dachräume der beiden Mittelhäuser bleiben ungenutzt. Eine Dämmung erfolgt oberhalb der Deckenbalken und dazwischen. Zunächst ist geplant, die Dachdeckung zu ergänzen und zu reparieren, ggf. muss auch hier eine Neudeckung mit Hohlpfannen erfolgen.
Das Dach mit den Gauben des Vorderhauses wird mit Hohlpfannen neugedeckt. Die hofseitige Verbindungsgaube soll analog dem neuen Anbau mit einer Zinkdeckung erfolgen.
Die gesamte Regenentwässerung wird erneuert und über Grundleitungen auf dem eigenen Grundstück an die städtische Regenentwässerung angeschlossen. 

 

Treppen und Treppenraum
Die hölzerne Treppenanlage im Vorderhaus wird beibehalten und mit ei­nem entsprechenden Treppenraum und einen Rauchabzug in der Dachfläche des Vorderhauses versehen. Auch die bestehende hölzerne Treppe in den Gewölbekeller soll erhalten bleiben. Zwei weitere interne Treppen zu der als Archivfläche ge­nutzten Galerie im Vorderhaus und der als Bürofläche genutzten Fläche im Hinterhaus sind vorgesehen. Die au­ßenliegende Fluchttreppe im neuen Anbau wird als Stahltreppe ausgeführt. 

 

Gebäudetechnische Ausstattung
Die gesamten Hausanschlüsse und Leitungen für Strom Wasser, Abwasser und Gas müssen neu gelegt werden. Der Hausanschlussraum im Gewölbekeller des Vor­derhauses soll beibehalten werden. Die Wärmerzeugung ist über ein Gas-Brennwertgerät (unter 1OO kw) im EG des Mittelhauses geplant. Die Wär­meverteilung erfolgt innerhalb des Gebäudes über Fußboden- und Wandheizflächen.
Die sanitären Einrichtungen der Einheiten werden zu funktionalen und hochinstallierten Bereichen im neuen Bereich des Hinterhauses zusammengefasst, um die Leitungsführung und die Eingriffe in die Bausubstanz zu minimieren. Hier werden auch einheitenweise Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung als Decken- oder Wandgeräte angeordnet. Zentrale Frisch-und Fortluftauslässe sind über unauffällige Lüftungselemente in den Dachflächen vorgesehen.

August 2022       Wasserrechtliche Genehmigung Geothermie-Bohrungen

Juni 2021     Umplanung Energieversorgung mit Geothermie (Wärmepumpe)

Mai 2021      Archäologische Untersuchungen

März 2021   Abbruch Hinterhaus

April 2018    Befunderhebung

Juli 2016       Bestandsdokumentation